Kundgebung 60 Jahre Charta der Vertriebenen 28.08.10 München, Marienplatz

Trotz ungünstiger Wetterprognosen waren zahlreiche Vertriebene, aller Landsmannschaften, dem Aufruf der SL- München und Oberbayern und des BdV-Oberbayern zur Teilnahme an der Kundgebung am Münchner Marienplatz gefolgt. Erfreut konnten SL-Bezirksobmann Johann Slezak und BdV-Bezirksvorsitzender Rudolf Maywald, eine starke Delegation aus Schwaben in heimatlichen Trachten, geleitet von Lm. und SL-und BdV-Bezirksobmann Wollrab, begrüßen.

In seiner Begrüßungsrede hob Slezak die Bedeutung der Charta der Vertriebenen als Dokument des guten Willens und der Versöhnung hervor, an dem sich die Vertriebenen gehalten haben.
Er verwies aber auch auf die Passagen, die bisher noch nicht verwirklicht wurden, wie dem Recht auf die Heimat, der Rücknahme diskriminierender Dekrete und Gesetze und bezeichnet deren noch Vorhandensein als Schande für Europa und die EU. Er widersprach der These, dass die Ver-treibung die gerechtfertigte Rache der Vertreiber an den besonders nationalsozialistischen Ver-triebenen war, wie es besonders von den Medien propagiert wird. Nein, bevor die Vertriebenen die Hand zum Hitlergruß erhoben, war München längst die Hauptstadt der Bewegung und Nürnberg die Stadt der Reichsparteitage und nicht Breslau, Königsberg oder Reichenberg.
Deshalb wird in der Charta auch von einer gerechten Verteilung der Lasten auf das gesamte Deutsche Volk gesprochen, die bis heute nicht erfolgt ist.
Wir stehen hier in München, am Marienplatz, im Herzen einer Stadt, die nach dem Krieg auch von den Vertriebenen mit aufgebaut wurde und wir sind stolz darauf da zu stehen. Wir bedauern aber ausdrücklich, dass der Stadtrat der Landeshauptstadt München, den Antrag der CSU-Fraktion auf Dokumentation dieser Aufbauleistung und der Integration der Vertriebenen, abgelehnt hat.
Er forderte die Mitbürger auf, ihre Unterschrift unter die aufliegenden Unterschriftslisten, die den Stadtrat auffordern, den Antrag neu einzubringen und ihn zuzustimmen, zu setzen.

Zur Kundgebung hatten sich hochrangige Politiker aus Landtag und Stadtrat eingefunden. So konnte der Bezirksobmann auch in seiner Eigenschaft als stellvertretender SL-Landesobmann Politiker aus folgenden Parteien begrüßen:
CSU, Reinhold Bocklet, MdL, Vizepräsident des Bayerischen Landtags / CSU, Marian Offman, SR / SPD Isabell Zacharias, MdL / FW. Hubert Aiwanger, MdL / FDP, Dr. Michael Matter, SR

Auszug aus den Grußworten

Übereinstimmend würdigten sie die Charta der Vertriebenen als Dokument der Versöhnung und der Beendigung des Kreislaufs von Rache und Vergeltung,
Sie begrüßten es, dass die Vertriebenen an dieser zentralen Stelle Bayerns, in München, am Marienplatz, dieses großartige vom europäischen Geist getragene Dokument der Öffentlichkeit ins Bewusstsein rufen.
In seinem Grußwort würdigte Reinhold Bocklet, CSU die Aufbauleistung der Vertriebenen. Alle Vertriebenen, nicht nur die Sudetendeutschen haben zum Aufbau Bayerns und Deutschlands beispielgebend beigetragen. Die CSU ist die Interessenwahrerin der Vertriebenen und alle Minis-terpräsidenten haben sich für ihre Anliegen eingesetzt, auch, wenn ihnen das kein Lob eingebracht hat. Die CSU bleibt auch weiterhin der zuverlässige Partner der Vertriebenen.

Stadtrat Marian Offman, CSU überbrachte die Grüße seiner Fraktion und betonte die Solidarität mit den Vertriebenen, die sich auch darin zeigt, dass die CSU-Stadtratsfraktion einen Antrag im Stadtrat gestellt hat, die Geschichte der Vertriebenen in der Landeshauptstadt wissenschaftlich zu dokumentieren, der leider von den übrigen Parteien aus finanziellen Gründen (140.000 €) abgelehnt wurde.
Gern setze er seine Unterschrift unter die Unterschriftenliste der SL München und des BdV Ober-bayern, die eine erneute Einbringung in den Stadtrat zum Inhalt hat.
In seiner Eigenschaft als Vizepräsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Bayern, betont er, das die Juden nicht nur den Holocaust, sondern auch Vertreibungen erleben mussten. Viele von uns sind Vertriebene, die das Schicksal der Vertreibung in vielfältiger Weise erlebt und erlitten haben und deshalb können wir ihre Gefühle nachvollziehen, so Offman.

Die Landtagsabgeordnete und Mitglied des Landesvorstandes der SPD Isabell Zacharias, SPD erinnert daran, dass die SPD in den Vertreibungsgebieten eine starke Anhängerschaft hatte und es der SPD-Ministerpräsident Högner war, der die Sudetendeutschen zum „Vierten Volksstamm Bayerns“ ernannt hatte. Die SPD-Fraktion des Landtags mit ihrer Gruppe Vertriebene ist auch in der Vertriebenenarbeit der Landsmannschaften, beispielsweise durch die Sehlinger Gemeinde, präsent und arbeitet als „Brückenbauer“ für die Verständigung zwischen den Volksgruppen mit. Auch Frau Zacharias unterschrieb die ausliegende Liste.

Stadtrat und Fraktionsvorsitzender, Dr. Michael Mattar, FDP, überbrachte die Grüße seiner Fraktion. Auch er würdigte die Aufbauleistung der Vertriebenen, die sich auch deutlich in der Landeshauptstadt München zeigt. Er hob vor allen Dingen die Charta der Vertriebenen als Dokument einer weitsichtigen Denkweise hervor, das maßgeblich den Zusammenschluss Europas mit ermöglicht hat.

Der Bundesvorsitzende der Freien Wähler und Landtagsabgeordnete Hubert Aiwanger, FW, überraschte die Teilnehmer mit einer Sachkunde zum Thema Vertreibung der Deutschen und seinen daraus erfolgten klaren Schlüssen und Wertungen. In einer engagierten Rede ging er auf die Ursachen der Vertreibung ein und stellte fest, dass es immer schon Persönlichkeiten mit den Charisma der Freien Wähler waren, die sich für die Wahrung der Rechte der Vertriebenen eingesetzt haben.

Nach den Reden der Politiker konnten die Vertreter der Landsmannschaften das Wort ergreifen, wenn sie es wollten.

Lm. Wollrab, BdV-und SL-Bezirksvorsitzender von Schwaben überbrachte die Grüße seiner Bezirksgruppe und betonte die Solidarität unter den Vertriebenen, die sich auch darin zeigt, dass man die gegenseitigen Veranstaltungen besucht.

Frau Gertrud Müller, LM. Oberschlesien berichtet von den Kontakten mit den Menschen in ihrer Heimat und den gegenseitigen Besuchen und Hilfen, die bereits zu zahlreichen Freundschaften geführt haben.

Herr Gerhard Kuznik, LM. Schlesien berichtet in seinem Beitrag von dem Schicksal der Schlesier und über ihre Arbeit in der Landsmannschaft.

Frau Bitz, LM. Deutschen aus Russland, schilderte mit bewegenden Worten das mehrmalige Vertreibungsschicksal der Russlanddeutschen und über ihr Leiden in Sowjetischen Zwangslagern, das die meisten nicht überlebten. Auch in ihrer neuen Heimat Deutschland haben diese letzten Nachkriegsvertriebenen um ihre Anerkennung zu kämpfen und rechnen mit der Solidarität, nicht nur der Vertriebenen und des gesamten Deutschen Volkes.

Der Geschäftsführer der SL- Oberbayern und des BdV-Oberbayern, Andreas Schmalcz verlas noch eine Vielzahl von Grußadressen, so vom Erzbischöflichen Ordinariat, vom Evangelischen Landesbischof, von Parteien, Einzelpersönlichkeiten und Organisationen, die ihre Grüße über-mittelten und der Veranstaltung alles Gute wünschten.

Mittlerweile hatte der Wettergott ein Einsehen und es schien gelegentlich sogar die Sonne, so dass viele Passanten interessiert stehen blieben und es zu vielen interessanten und fruchtbaren Gesprächen mit den „Standbesatzungen“ der Landsmannschaften kam. Das Info-Material wurde gern angenommen und viele hundert Blätter mit der „Charta“ wurden verteilt.

Pünktlich um 18.00 Uhr sprach der neugewählte Bezirksvorsitzende des BdV-Oberbayern, Rudolf Maywald das Schlusswort. Er bedankte sich bei den Delegationen der Landsmannschaften und bei den „Standbesatzungen“ die bei sehr wechselhaften Wetter über 4 Stunden nicht nur ausgeharrt, sondern ohne Pause unermüdlich zu Rede und Antwort bereit standen.

Während die schweren Bühnenteile auf dem Hänger von Slezak verladen wurden, war im Hinter-grund schon zu hören, wann machen wir die nächste Kundgebung.

Verfasser: Johann Slezak