Landsmannschaft Schlesien e.V., Ortsverband Geretsried, feierte am 29.09. 50-jähriges Bestehen LdO München nahm zahlreich teil

29. September 2002

In den Nachkriegsjahren fanden unzählige Flüchtlinge - auch Landsleute aus Oberschlesien - in dem praktisch aus einem Nichts entstandenen und durch die Vertriebenen aufgebauten Ort Geretsried im Isartal, auf halbem Wege zwischen München und Garmisch-Partenkirchen, ein zweites Zuhause. Im Jahre 1952 schlossen sich dort die Schlesier zum Ortsverband der Landsmannschaft Schlesien e.V. zusammen mit der Zielsetzung "Wahrung von kulturellen und historischen Belangen und der Integration der Landsleute in Industrie, Gewerbe und in der Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland." Dies ist vorbildlich gelungen, denn Geretsried präsentiert sich heute dem Besucher als eine florierende "Neustadt" mit ca. 25.000 Einwohnern mitten in der neuen Heimat Oberbayern. Mittlerweile sind die Geretsrieder Flüchtlinge aus allen Vertreibungsgebieten durch ihre jahrzehntelangen Bemühungen um die Ansiedlung von Industrie und Gewerbe hoch geachtet. Die Landsmannschaft Schlesien e.V., Ortsverband Geretsried, konnte mit grosser Freude am 29.09. ihr 50-jähriges Bestehen begehen. Der lang erwartete Tag wurde am Vormittag bei strahlendem Spätsommerwetter mit einem Festgottesdienst in der Pfarrkirche Maria Hilf feierlich eröffnet. Schon frühzeitig hatten sich vor dem Gotteshaus zahlreiche Trachten- und Fahnenabordnungen versammelt, um den Geretsrieder Schlesiern an diesem besonderen Tag die Ehre zu erweisen und ihre freundschaftliche Verbundenheit zu bekunden. Vertreten waren u.a. Abordnungen des Schlesier-Vereins München e.V., des Bereitschaftsdienstes des Bayerischen Roten Kreuzes, der Kriegskameradschaft Geretsried, der Egerländer Gmoi, der Ungarndeutschen, Rübezahls Zwergen aus München, und natürlich die Münchener Oberschlesier mit ihrer wunderschönen neuen Fahne und der bei kirchlichen und weltlichen Anlässen stets mitgeführten Gedenktafel "Oberschlesien - Land unter dem Kreuz". Besonderes Vergnügen bereitete eine Jugend-Tanzgruppe aus Tworkau, Krs. Ratibor, die eigens mit dem Bus aus Oberschlesien angereist war, um das Programm zu bereichern. Hauptzelebrant der Festmesse war der Beauftragte für die Heimatvertriebenen und Aussiedler in der Erzdiözese München-Freising, Herr Pfarrer Alfred Kolbe, gebürtig aus Schobersfelde O/S. In seiner Predigt erinnerte er aus gegebenem Anlass an die beschwerliche Zeit von Flucht und Vertreibung und an die Folgejahre. Er sagte, die letzten 50 Jahre seien ein Weg gewesen, den Gott mit uns gegangen sei und ein Lebensabschnitt, in dem er viel von uns gefordert habe. Er habe uns aber auch die Kraft zum Überleben geschenkt. Auch, wenn uns alles genommen worden sei, so sei uns doch das Kostbarste erhalten geblieben, nämlich unser Glaube, den es immer zu bewahren gelte. Der Glaube sei wie ein Anker oder ein Kompass für unsere Existenz. Umrahmt wurde die Festmesse nach schlesischer Art mit den Deutschen Messgesängen von Josef Haydn. Anlässlich des Ehrentages weihte Herr Pfarrer Kolbe im Anschluss an die Hl. Messe 15 Fahnenbänder, die zur Erinnerung an das 50-jährige Bestehen des Ortsverbandes Geretsried in feierlichem Zeremoniell an die verschiedenen Fahnen angeheftet wurden.

Um 14 h fand im geräumigen Geretsrieder Ratsstubensaal ein grosser Heimatnachmittag unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Hans Schmid statt, der die vielen anwesenden Honoratioren und unzähligen Gäste herzlich begrüsste und bei dieser Gelegenheit nochmals an die Entstehungsgeschichte von Geretsried erinnerte. Er hob insbesondere das grosse Engagement von Frau Rosalie Militzek, Trägerin des Schlesierkreuzes, früher Beuthen, hervor, die sich als Vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien e.V., Ortsverband Geretsried, mit all ihrer Kraft für das Wohl und das Fortbestehen "ihres" Vereins einsetzt. Unter ihrer Leitung bestand übrigens eine sehr aktive Tanzgruppe, die sogar zehnmal an Europeaden teilnahm, dann aber wegen Nachwuchsmangels leider aufgelöst werden musste. Der Vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, Nieder- und Oberschlesien, Landesverband Bayern e.V., Herr Helmut Riedel und der Vorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, Nieder- und Oberschlesien, Bezirksverband Oberbayern, Herr Klaus-Dieter Riedel, richteten Grußworte an den Vorstand und die Mitglieder der LS - Ortsverband Geretsried. Den Höhepunkt des Nachmittags bildete die stark bejubelte Tworkauer Jugend-Tanzgruppe, die die schlesische Heimatveranstaltung durch ihre gesanglichen und tänzerischen Darbietungen zur Freude aller gekonnt bereicherte. Diakon Klemens-Josef Irmer, früher im Altvatergebirge beheimatet, führte die Gäste in seiner langen Festrede in Gedanken durch alle Städte und Landschaften Nieder- und Oberschlesiens und gab einen Überblick über die bewegte Geschichte dieses Landes. Er bezog sich zum Ende seiner Ansprache auch auf das bevorstehende Inkrafttreten der EU-Osterweiterung und sagte wörtlich: "Wo etwas offen ist, lösen sich Berührungsängste auf und es werden Offenheit, Toleranz und die Fähigkeit, Konflikte in guter Weise auszutragen und zu lösen, gefördert."

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber übermittelte anlässlich des 50-jährigen Jubiläums eine ausführliche Grussbotschaft, da er aus terminlichen Gründen leider an der Veranstaltung nicht teilnehmen konnte. Alle Vertreter der anwesenden Landsmannschaften überbrachten Geschenke, die 1. Vorsitzende der LdO München, Frau Gertrud Müller, überreichte mit verbindlichen Worten einen Wandteppich mit dem oberschlesischen Wappen, der im Heimatmuseum Geretsried einen würdigen Platz finden wird. Frau Müller betonte die jahrelange freundschaftliche Verbundenheit der LdO München zu den Geretsriedern, die dankenswerter Weise an unseren eigenen Veranstaltungen regelmässig mit ihrer gesamten Trachten- und Fahnenabordnung teilnehmen. Nachdem ca. 98% der Geretsrieder Schlesier ebenfalls aus unserer Heimat Oberschlesien stammen, besteht seit jeher eine besonders enge Verbindung zur LdO München. Mit dem Lied der Oberschlesier, der deutschen Nationalhymne sowie der Bayernhymne ging dieser unvergessliche und mit viel Sorgfalt vorbereitete denkwürdige der Landsmannschaft Schlesien e.V., Nieder- und Oberschlesien in Geretsried leider zuende.

Eine Ausstellung über Schlesien wurde im Vorfeld zum 50-jährigen Bestehen des OV Geretsried im Foyer des Rathauses bereits am Freitag, dem 20. Sepember eröffnet. Die Museumsdirektorin von Geretsried, Frau A. Zwicknagel, hat mit großer Umsicht die Exponate und Bilder von Schlesien ausgewählt.

   Eva Abdel-Rahman